Geschichte des Amtsgerichts Monschau
Am 10.11.1899, wurde das Richtfest des Amtsgerichts Monschau gefeiert. In der Ausgabe des Montjoie’r Volksblatts vom 11.11.1899 heißt es hierzu :
„Gestern fand beim hiesigen Amtsgerichts-Neubau das Richtfest statt, ein Fest, wie solches Montjoie wohl noch nie gesehen. Es ist besonders anerkennenswert für die Bauleitung, dass sie ein derartiges Fest arrangierte, dass – ein gutes Überbleibsel aus alter Zeit – dazu angetan ist, die Berufsfreudigkeit der Arbeiter und Unternehmer zu erhöhen und das Verhältnis zwischen Bauherrn, Bauunternehmen, Meistern und Arbeitern inniger zu gestalten. Zur Feier des Tages waren viele Häuser der Stadt beflaggt, das neue Gebäude reich mit Tannen, Guirlanden und Fahnen geschmückt. Nachdem gegen 4.00 Uhr ein Festzug durch die Stadt gezogen, an welchem Unternehmer, Meister und Arbeiter teilnahmen, begann gegen 4 ½ Uhr der Festakt am Amtsgerichts-Neubau selbst. Zu demselben hatten sich eine stattliche Anzahl Ehrengäste eingefunden. Nachdem die ca. 1 ½ m hohe Krone, welche im Festzuge vorangetragen worden, aufgezogen war, nahm der Maurer-Polier Thonen das Wort zu einer poetischen Ansprache“.
Das Gerichtsgebäude stellt offensichtlich für das staatliche Bauamt eine echte Herausforderung dar. Das ist nicht nur heute so, das war auch schon damals der Fall. Beim Bau gab es mehrere schwere Unfälle; so kam u.a. der Maurerpolier Körben „infolge eines Fehltrittes“ zu Tode. Im April 1900 stürzten 3 übereinander liegende Deckengewölbe ein; erneut starb ein Arbeiter, 3 weitere wurden verletzt. Hierüber fand im September 1901 in Aachen eine für Juristen und Bautechniker gleichermaßen interessante Hauptverhandlung vor dem Strafrichter statt. Angeklagt waren der Bauinspektor, der Regierungsbaumeister und der Polier. Das Gericht sprach die Angeklagten nach Anhörung von 8 Sachverständigen frei. Im Urteil hieß es u.a.: "Die Wurzel des Unglücks liege in dem vom Ministerium eingeschickten Entwurf mit seiner unnötig komplizierten und vollständig verfehlten Gewölbekonstruktion“.
Die Chronik vermerkt, dass im Anschluss an das Richtfest nebenan im Hotel zur Post (damals Festlokal Maaßen) ein großes Fest stattfand, bei dem sogar ein Theaterstück gespielt wurde und 15 italienische Arbeiter Lieder aus ihrer Heimat sangen.
Die Einschätzung des damaligen Bürgermeisters Breuer, das Gericht sei eine „Zierde des schönen Städtchens“, teilt nicht jedermanns Geschmack. Manch kritischer Zeitgenosse ist der Meinung, dass dieses Gebäude einen Fremdkörper unter den Fachwerkhäusern der Stadt darstellt. Auch regen sich einige Zeitgenossen darüber auf, dass die Fassade asymmetrisch sei und sich der Eingang nicht senkrecht unter der Spitze des geschwungenen Giebels befinde, ein Umstand, der möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass das Haus Bräutigam, das rechts an das Amtsgericht angebaut ist, den Raum eingenommen hat, der nach der ursprünglichen Planung des Architekten noch für das Gerichtsgebäude vorgesehen war.
Hoch interessant erscheint auch, was eigentlich vor dem Gericht an dieser Stelle stand. Die Chronik vermeldet, dass hier im sogenannten Laufengarten ein Websaal des Alexander Scheibler stand. Dieser Websaal war im April 1842 durch den "Aachener Verein zur Förderung der Arbeitsamkeit“ zum 1. Kindergarten in Monschau umgestaltet worden. Im Jahre 1897 erwarb der Justizfiskus dieses Gelände, um hier das Gericht zu bauen. Finanziell muss es dem Justizfiskus damals schon genauso schlecht wie heute gegangen sein; zum einen steuerte die Stadt Monschau 5.500 Mark zum Kauf bei, zum anderen ließ der Verkäufer Bernhard Scheibler auf den Kaufpreis eine beträchtliche, allerdings nicht bekannte Summe nach.
Wo sich das Gericht bis zum Januar 1901 befand ist nicht genau bekannt. Das Gericht nahm wegen der beschriebenen Unfälle und damit verbundenen Ermittlungen erst am 20.1.1901 seine Arbeit an dieser Stelle auf.. Der Chronist meint im Haus Vogt in der Kirchstraße oder in der Stadtstraße im jetzigen Haus des Uhrmachers Kaulard.
Wie lange schon in Monschau Gerichtsbarkeit ausgeübt wird, ist ebenfalls nicht mehr genau festzustellen. Es ist davon auszugehen, dass dies bereits im Mittelalter geschah.
Die Siedlung „Am Gericht“ zwischen Monschau und Simmerath gelegen, weist darauf hin, dass hier in früherer Zeit Recht gesprochen wurde. Wenig bekannt dürfte auch sein, dass noch im 18. Jahrhundert der Pfarrer in seiner Kirche Strafgewalt hatte. So ist überliefert, dass der Pfarrer von Steckenborn im Jahre 1799 einer Frau, die sich in der Kirche unbotmäßig benommen hatte, die Auflage erteilte, 10 Pfund Wachs abzugeben.
Der erste Richter, dessen Konturen schärfer in Erscheinung treten, ist ein Friedensrichter namens Theodor de Berghes, der von 1715 bis 1789 in Monschau lebte. Sein Sohn Johann Joseph de Berghes (1745 bis 1816) setzte seine Tätigkeit fort. Zu Beginn der französischen Herrschaft war er auch Bürgermeister von Monschau und von 1804 bis 1809 zugleich Direktor der höheren Schule in Monschau. Nach seinem Tod wurde der ehemalige Gerichtsschreiber Hilden sein Nachfolger. Inzwischen war Monschau preußisch geworden. Am 8.9.1821 wandte sich der Aachener Landgerichtspräsident an den Bürgermeister von Monschau und bat ihn, dem Friedensrichter Hilden bei der „Beschaffung der Localien und Utensilien“ behilflich zu sein, damit termingerecht am 1.9.1821 das neue preußische Friedensgericht beginnen könne. Der Bürgermeister möge darauf achten, dass die Unterbringung des Gerichts nicht in einem Wirtshaus geschehe. Im übrigen sei an ein geräumiges Sitzungszimmer, ein Beratungszimmer für den Richter, ein Zimmer für den Gerichtsschreiber und ein Zimmer für die Aufbewahrung der Akten gedacht. Dem Bürgermeister gelang die Beschaffung dieser Räume in der Eschbachstraße 13. Der damalige Eigentümer stellte 4 Zimmer, die notwendigen Utensilien und sogar einen Ofen zur Verfügung. Die Jahresmiete betrug 90 Thaler. Problem war nur, dass 3 Jahre später das Haus von einem Schlosser gekauft wurde, der auch seinen Betrieb dorthin verlegte. Darauf hin bemühte sich der Bürgermeister beim Landrat in Aachen um die Genehmigung zur Anmietung einer neuen Liegenschaft. Von dort kam die nicht überraschende Antwort:“... mit dem Bescheide, dass die Beschaffung der Gerichtslokale Sache der betreffenden Justizbehörden und nicht weiter zum Ressort der Administrationsbehörden gehört.“
Dass der Gerichtsstandort Monschau seit eh und je in Frage gestellt wird, ist nichts Neues. Schon im Amtsblatt der Regierung zu Aachen vom 30.1.1819 erschien eine Bekanntmachung des preußischen Ministers zur „Revision der Gesetzgebung und Justiz-Organisation in den neuen Provinzen“. Gegenstand war die Generalbereinigung des Gerichtswesens von Koblenz bis Kleve. Die Distriktgerichte in Prüm und Malmedy wurden eingezogen. Monschau ist nicht erwähnt, was darauf schließen lässt, dass es hier kein Distriktgericht gab, sonst wäre dies sicherlich auch kassiert worden. Wohl ist die Rede von dem von mir bereits erwähnten Friedensgericht. Denn bei diesem Gericht sollten entsprechend der Bekanntmachung des preußischen Justizministers die Bezirke der Friedensgerichte mit den Grenzen der landrätischen Kreise in Übereinstimmung gebracht werden. Auch diese Gedanken sind uns heute nicht völlig fremd.
Mit dem Problem Auflösung des Gerichtsstandorts Monschau beschäftigt sich die Justiz also schon fast 200 Jahre. Und trotzdem wurde im Jahre 1900 ein neues Gebäude gebaut. Es hat den Anschein, dass Monschau auch weiterhin Gerichtsstandort bleiben wird. Die „Große Justizreform“ in den 60-er Jahren hat Monschau auch überstanden, dabei allerdings mit Blick auf die kommunale Gebietsreform kräftig Federn gelassen. Die Gemeinden Roetgen und Rott fielen durch das Gesetz über den Zusammenschluss der Gemeinden des Amtes Roetgen mit Wirkung ab dem 1.7.1969 an das Amtsgericht Aachen. Die Gemeinden Schmidt und Vossenack wurden im Rahmen der Neuordnung des Raums Aachen ausgegliedert und dem Amtsgericht Düren zugeschlagen. Im Schreiben des Justizministers vom 9.3.1971 an den Oberlandesgerichtspräsidenten in Köln heißt es : „Im Interesse einer einheitlichen Zuordnung ... müsste daher auch die Gemeinde Roetgen wieder dem Amtsgerichtsbezirk Monschau zugeteilt werden, aus dem sie erst mit Inkrafttreten des Gesetzes über den Zusammenschluss der Gemeinden des Amtes Roetgen vom 14.1.1969 ausgeschieden ist. Eine solche Lösung erscheint mir aber insbesondere deshalb nicht zweckmäßig, weil kaum zu erwarten ist, dass das AG Monschau auf Dauer beibehalten werden kann ...“.
Amtsgericht Monschau heute
Waren bis zum Jahre 1970 stets 2 Richter beim AG Monschau tätig, so reduzierte sich dies bis zum Jahre 1978 auf eine Richterstelle. Erst seit dem Jahre 1993 erhöhte sich das Richterpensum allmählich. Derzeit hat das Amtsgericht Monschau 2,2 Richterpensen.
Das Amtsgericht Monschau präsentiert sich heute als leistungsfähiges Gericht. Es ist uns gelungen, auf der einen Seite die schützenswerte Bausubstanz dieses Gebäudes zu bewahren, auf der anderen Seite aber die Voraussetzungen für einen modernen Justizbetrieb zu schaffen.